Dienstag, 2. Juni 2015

Die wilde Westküste der Südinsel

Nachdem wir unsere Arbeit in Christchurch beendet hatten, begaben wir uns nach Picton, um am 22. Mai wieder in unseren „Kiwi Experience“ - Bus einzusteigen. Somit begann der letzte und wahrscheinlich beste Teil unserer achtmonatigen Reise in Neuseeland.


Der erste Stop mit dem Bus war der kleine Ort „Kaiteriteri“, welcher am „Abel Tasman Nationalpark“ liegt. Für uns war diese Gegend sehr bekannt, da wir hier vor nicht einmal zwei Monaten unseren dreitägigen „Coastal Track“ absolvierten. In den Abendstunden genossen wir noch einmal die goldenen Strände dieser karibikähnlichen Gegend. Am nächsten Tag steuerten wir die Westküste der Südinsel an - mit einem kleinen Zwischenstopp am „Lake Rotoiti“ im „Nelson Lakes“ - Nationalpark. Dieser kleine See ist umringt von hohen Bergen, wodurch man auch vermuten könnte, dass man in einer Fjördenlandschaft steht. Nachdem wirklich JEDER aus dem Bus auf dem kleinen Holzsteg für diverse Bilder posierte (beliebtes Fotomotiv in Neuseeland), ging es nach 45 Minuten weiter in Richtung Küste. Am späten Nachmittag erreichten wir den kleinen aber nicht gerade schönen Hafenort „Westport“. Nach einer völlig verrückten Nacht in einer Bar (Details könnt ihr persönlich hinterfragen), hieß es dann am Tag darauf: Welcome to the „Wild Wild Westcoast“!

Der Tag begann stürmisch, regnerisch und neblig, was uns aber nicht störte, da es zu der allgemeinen Stimmung in dieser rauen Gegend passte. Am Vormittag schickte uns „Josh“ (der „Kiwi Experience“ - Busfahrer) auf einen einstündigen Wanderweg entlang der Steilküste des „Cape Foulwind“. Während des Fußmarsches sahen wir rasiermesserscharfe Felsen, die aus dem Wasser ragten und Wellen, welche wir so in dieser Größe noch nicht gesehen hatten. Der Pfad war in geschwungenen Kurven über die unzähligen Felsklippen angelegt, wodurch man einen perfekten Blick auf die rauen Buchten ergattern konnte. Während wir die ersten Eindrücke der wilden Westküste verarbeiteten, fuhren wir entlang einer wunderschönen Küstenstraße weiter in Richtung Süden. Nach 1,5 Stunden lautete unser nächster Stopp: „Pancake Rocks“ (zu Deutsch: Pfannkuchenfelsen). Diese Felsformationen sehen (wie man sich beim Name schon denken kann) aus wie übereinander gelegte Eierkuchen. Wir waren total perplex, dass es mithilfe der Erosion möglich ist, solche einzigartigen Steinformationen zu prägen. Die „Blowholes“ sind ein weiteres Phänomen an diesem Ort. Durch die gewaltige Kraft des Wassers gelangten die Wellen hierbei unter die Felswände und preschten mit gewaltiger Dynamik als Wasserfontäne aus den „Blaslöchern“ senkrecht nach oben. 


Nachdem uns dieser Tag mit beeindruckenden Naturbildern verwöhnte, ließen wir den Abend in der Kleinstadt „Hokitika“ ausklingen. Gerne hätten wir den Ort noch durch eine kleine Begehung erkundet, jedoch vermieste uns das wilde Wetter der Westküste mit stürmischem Regen und peitschendem Wind dieses Vorhaben. Am nächsten Morgen um 9 Uhr sammelte uns der Reisebus am Hostel ein und hielt als Erstes beim „Lake Mahinapua“. Dieser kleine See (zehn Kilometer südlich von Hokitika) gab uns bezüglich des Erscheinungsbildes einen kleinen Vorgeschmack auf den „Lake Matheson“, der uns zwei Tage später erwarten sollte. Als kleiner Tipp: Reflexionen, aber lest einfach weiter…
Wir passierten unzählige Brücken, die eisblaue Gletscherflüsse überspannten und ließen spitze Bergketten auf der linken Seite und das tasmanische Meer auf unserer Rechten hinter uns. Das Ziel der Tagesreise war das Dorf „Franz Josef“ des gleichnamigen Gletschers, welcher der touristisch beliebteste Gletscher auf der Südhalbkugel ist! Entsprechend der stolzen Besucherzahlen präsentiert sich das kleine Bergdorf mit vielen modernen Restaurants, Bars und Unterkünften. Wir besaßen das Glück, bei strahlendem Sonnenschein hier einzutreffen, wodurch ein ungetrübter Blick auf die majestätischen Bergketten möglich war, die unmittelbar an das Dorf anknüpften. Die Entscheidung lag daher nah, den Nachmittag mit einer Wanderung entlang des breiten, steinernen Flussbettes hinauf zum Fuße des „Franz Josef“ - Gletschers auszufüllen. 

Den nächsten Tag erlebten wir zweigeteilt: Martin und Christopher nahmen an einer Tour auf den „Franz Josef“ - Gletscher teil / Johannes lief den „Alex Knob“ - Track (dazu später mehr). Da es heutzutage nicht mehr möglich ist, per Fuß auf sichere Ebenen des Gletschers zu gelangen, enthielt die „Ice Explorer“ - Tour von Christopher und Martin jeweils einen vierminütigen Helikopterflug auf den Gletscher und zurück. Mit mehreren Lagen wärmender Kleidung und Spikes unter den Schuhen liefen sie eine zweistündige Route über vereiste Schneetreppen und enge Eisspalten. Diese waren zum Teil sechs Meter tief und lediglich 50 Zentimeter breit! Der mit einer Spitzhacke ausgerüstete Tourguide sorgte stets dafür, eingefallene oder versperrte Wege durch den Gletscher wieder zugänglich zu machen. Nach einer Stunde erreichten wir einen imposanten Wasserfall, der für alle Besucher das Zeichen zur Umkehr darstellt, weil es ohne lebensgefährliche Risiken nicht möglich ist, den Gletscher weiter zu erkunden. An der Spitze des Gletschers konnte man die von der Sonne angestrahlten Eisspitzen deutlich erkennen, was unseren kalten Atem zum Stocken brachte. Der Rückweg führte uns entlang einer neuen Route durch das dichte Eismassiv zum Abflugsort des Helikopters, der uns zurück ins Tal brachte.
Während Martin und Christopher den „Franz Josef“ - Gletscher aus der Nähe betrachteten, entschloss sich Johannes, einen der umliegenden Berge zu besteigen. Noch vor dem Sonnenaufgang lief er mit Julia, einer deutschen Bekanntschaft aus dem „Kiwi“- Bus, zum Fuße des 1300 Meter hohen Berges „Alex Knob“. Vor ihnen lag ein 17,2 Kilometer langer Wanderweg, welcher zunächst durch einen dichten Wald führte und an Szenen aus „Der Herr der Ringe“ erinnerte. Nach etwa zwei Kilometern wurde aus dem bisher flachen Weg eine wahre Herausforderung. Bis zum Gipfel hieß es: über Steine, Wurzeln, Bäume und kleine Felsvorsprünge klettern und dabei stets aufpassen, nicht auf dem schlammigen Boden auszurutschen. Während des beschwerlichen Weges ermöglichten viele kleine Schneisen im Wald einen schönen Ausblick auf die umliegenden Berge und den Gletscher. Die wahre Größe und Schönheit der Eismassen sahen sie jedoch erst nach dem vierstündigen Anstieg auf dem Gipfel. Der atemberaubende 360°-Blick ließ sie dort einige Zeit verweilen. Nach einer Stärkung und unzähligen Fotos mussten sie auch wieder aufbrechen, um den Rückweg anzutreten. Mit den letzten Sonnenstrahlen des Tages kehrte Johannes und seine Wanderbegleitung ins Hostel zurück - sie waren sichtlich froh, den kräfteraubenden Marsch überstanden zu haben. 

Die nächste Tagestour von „Franz Josef“ nach „Wanaka“ war sehr kurz aber ereignisreich. Nachdem wir das kleine gemütliche Örtchen verlassen hatten, passierten wir den „Fox Glacier“ (ein weiterer Gletscher Neuseelands) und machten Halt am „Lake Matheson“. Der See ist für seine scharfe Wasserreflexion bekannt und ein beliebtes Fotomotiv in allen Reiseführern. Durch seine geringe Größe und den Schutz des umgebenden Waldes befinden sich kaum Wellen auf dem Wasser, welche das Spiegelbild beeinträchtigen. Wir umkreisten den See in einer 60-minütigen Wanderung, wobei sich uns mehrmals eine perfekte Sicht auf den „Fox Glacier“ und den „Mount Cook“ (den höchsten Berg Neuseelands) bot. Es war ein surrealer Anblick, diese Naturerscheinungen im Hinterland und ein zweites Mal gestochen scharf als Spiegelbild an der Wasseroberfläche zu sehen - man konnte auf einem Foto kaum erkennen, welche Seite die Realität und welche das Spiegelbild ist. Wir verharrten eine Weile vor diesem beeindruckenden Naturschauspiel und trauten unseren Augen nicht. 


Bevor wir zu einem der Höhepunkte unserer bisherigen Reise kommen, beenden wir diesen Blogeintrag und werden beim nächsten Mal genau an dieser Stelle fortführen.
Bis dahin wünschen wir Euch einen guten Start in den Sommer!

Eure drei Neuseeländer,
Christopher, Martin und Johannes :)

(Das ist das Spiegelbild am "Lake Matheson" - Das Foto ist übrigens auf den Kopf gestellt.)

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